
Steffen Ullmann
Senior Portfolio Manager Investment Grade
Die Kreditrisiko Aufschläge für Banktitel haben die historische Bandbreite nach oben verlassen. Bankenanleihen handeln heute im „Need to Repair“ Bereich, sie offerieren eine deutliche Risikoprämie gegenüber vergleichbaren Unternehmensanleihen. Wir sehen in der jüngsten Spread Ausweitungen bei Bankentiteln eine attraktive Gelegenheit, um über eine Beimischung von defensiven Senior Financials, den Ertrag im defensiven Portfolio zu erhöhen.
Bankenanleihen im defensiven Portfolio:Toxische Mischung oder einmalige Chance?
Dies ist aus meiner Sicht mittelfristig nicht nachhaltig und erfordert weitere Maßnahmen zur Stabilisierung, insbesondere für die aus unserer Sicht schwächer aufgestellten Institute. Gleichzeitig sind starke, diversifizierte Emittenten in gleichem Maße von der Ausweitung der Risikoprämien betroffen.“ meint Alexander Grun, Credit Analyst der HAGIM.
Im historischen Kontext ist das eine selten dagewesene Situation. Wir sehen hier eine attraktive Einstiegsmöglichkeit, insbe-sondere unter Berücksichtigung der nach wie vor bestehenden Risiken für den Sektor.
Anleihen von Banken offerieren signifikanten Mehrertrag

Stand: 21.04.2022
Anleihen sind derzeit die stabile Säule der Bankenfinanzierung
Bankenrisiken sind komplex und treten in Ihrer Wahrnehmung plötzlich auf. Eine Vertrauenskrise entzieht einer Bank die Finanzierungsgrundlage quasi über Nacht. Das größte Risiko ist immer die Finanzierungsseite der Bank. Vereinfacht haben Banken drei Bausteine zur Finanzierung ihres Geschäftes:
Eigenkapital (ca. 15% der Bilanzsumme) – wirklich mehr davon?
Der schnelle politische Ruf nach erhöhten Eigenkapitalunterlegungen ist auf emotionaler Ebene nachzuvollziehen. In der Realität lieferten Europäische Banken im vierten Quartal 2022 eine durchschnittliche magere Eigenkapitalrendite von 8%.1 Welcher rationale Investor wäre denn bereit, bei den nach wie vor vorhandenen systemischen Risiken zusätzliches Eigenkapital beizu-steuern, für einen Ertrag, der dann marginal über dem von risikofreien Staatsanleihen liegt?
Die Eigenkapitalunterlegung über weitere regulatorische Maßnahmen zu erhöhen (sie lag im vierten Quartal 2022 im Mittel bei 15,3%), ist aus unserer Sicht marktgerecht nicht möglich. Hierfür bedarf es einer deutlichen Reduzierung der Kosten in den Banken, um den Return on Equity und damit den Eigenkapitalpuffer zu verbessern. Dies wird kurzfristig unseres Erachtens eher nicht in allen Instituten umsetzbar sein.
- Bleibt also nur die Abwicklung bzw. Verstaatlichung des Sektors? Für uns – zumindest kurzfristig – keine Option.
Einlagen (ca. 50-70% der Bilanzsumme) – diese müssen stabil bleiben:
Im ersten Schritt wird hier über die Einlagensicherung die wichtigste Finanzierungssäule einer Bank unterstützt.
Das ist im aktuellen Zinsumfeld nicht ausreichend, weil das Bankgeschäft defacto nicht fristenkongruent finanziert werden kann. Das heißt, im Normalfall stehen kurzfristigen Einlagen kurzfristige Kredite gegenüber. Langfristige Kredite werden mit langfristigen Spareinlagen finanziert. Wenn aber, wie aktuell, längerfristige Anlagen für Anleger weniger attraktiv sind und Banken auch für kurzfristige Einlagen keine marktgerechten Konditionen zahlen, dann schichten Anleger auf Alternativen um und parken ihr Erspartes in Geldmarktfonds, Apple Guthabenkonten oder kurzlaufenden Staatsanleihen. Damit wird den Instituten eine wichtige Finanzierungsgrundlage entzogen – das kommt einem Bank Run gleich.
Wir sehen, dass gerade seit Credit Suisse und SVB die Kreditinstitute ihre Konditionen noch einmal deutlich verbesserten und die März Zinserhöhung der EZB an die Kunden praktisch voll weitergegeben haben.
Der durchschnittliche Zinssatz auf 1 Jahr Laufzeit stieg auf 2,3%, ein Plus von 0,5% gegenüber dem Vormonat.
- Wir erwarten, dass sich dieser Trend – vorausgesetzt die Profitabilität der Bank erlaubt dies – fortsetzt und damit ein notwendiger Beitrag zur Stabilisierung der Einlagen von den Banken selbst geleistet wird und das Risiko des Einlagenverlusts weiter reduziert wird.
Kredite/ langfristige Schuldverschreibungen (ca. 5% – 10%) – die aktuell einzig stabile marktgerechte Finanzierungs-Säule:
Für eine fristenkongruente Finanzierung der Bankbilanz sind Schuldverschreibungen unverzichtbar, da hiermit langfristiges Kapital zur Verfügung gestellt wird. Die Entscheidung der Schweizer Finanzaufsicht FINMA im Rahmen der Credit Suisse Krise zur Verlustbeteiligung der Nachrangigen Anleihegläubiger (AT1) noch vor den Eigenkapitalgebern hat zur – aus unserer Sicht – extremen Ausweitung von Risiko-aufschlägen für Banken beigetragen.
Bankanleihen handeln immer noch mit deutlichen Aufschlägen gegenüber den Spreads Ihrer Kunden (den Unternehmen). Das ist mittelfristig nicht tragbar. Durch die Klarstellung der Europäischen Regulierer (EBA, EZB), die Seniorität bei der Verlustbeteiligung zu berücksichtigen (d.h. Equity = first loss, Nachrang Gläubiger = second loss usw.) wurde die Position der Anleihe Investoren gestärkt. Die Risikoaufschläge sind wieder etwas zurückgekommen.
Gleichwohl sind wir uns der strukturellen und konjunkturellen Risiken im Europäischen Bankensektor bewusst und bevorzugen aus diesem Grunde ausschließlich höherrangige Instrumente von Emittenten mit hoher Bonität und Profitabilität in einem defensiven Portfolio.
- Wir erwarten, dass sich diese Erholung für diese Institute mittelfristig fortsetzt und die Spreads wieder von vergleichbaren Unternehmensanleihen liegen werden.
Financial Spread Prämie relativ zu Investment Grade Corporates

Vereinfachte Bankbilanz: Schuldenseite

Eine defensive Strategie lohnt sich:
Ausschließlich Banken mit hoher Bonität und „Moving up the capital structure“. Bei der Einzeltitelauswahl selektieren und allokieren wir durch unsere Bottom up Analyse nach Profitabilität, Bonität, Liquidität und Kreditrisiko wie folgt:
- Emittenten mit starker Bonität (Rating von A- und höher)
- Allokation im höherrangigen Senior Bereich der Kapitalstruktur
Portfolio Allokation und Selektionskriterien für defensive Strategie

Quelle: HAGIM, Stand: 21.04.2023
Ertragsoptimierung bei gleicher Bonität/ Seniorität

Quelle: HAGIM, Stand: 21.04.2023
Fazit
Wir sehen in der jüngsten Spread Ausweitungen bei Bankentiteln eine attraktive Gelegenheit, um über eine Beimischung von defensiven Senior Financials, den Ertrag im defensiven Portfolio zu erhöhen.
Bildrechte: Canva
Chancen und Risiken für Anleger
- Zusätzliche Ertragsgenerierung bei gleich beurteilten Risiken
- Reduzierung des Zinsänderungsrisikos durch kürzere Laufzeiten
- Erfolgreiches aktives, flexibles und situationsbezogenes Management kann Zusatzerträge liefern – auch in adversen Marktphasen
- Diversifikationsbaustein im Gesamtportfolio
RISIKEN:
- Kursverluste aufgrund von Renditeanstiegen und/ oder erhöhten Risikoaufschlägen
- Anteilswert kann jederzeit unter den Kaufpreis fallen
- Nicht antizipierte Ereignisrisiken ohne Absicherungsmöglichkeit können zu außerordentlichen Verlusten führen
- Ratingmigration kann das durchschnittliche Portfolio Rating ändern
- Bei der Anlage in Wertpapiere kann ein Totalverlust nie ausgeschlossen werden
Disclaimer
Anlagen in Finanzinstrumente sind sowohl mit Chancen als auch mit Risiken verbunden. Der Umgang mit Interessenkonflikten in der HAGIM sowie die Best-Execution-Policy sind unter www.ha-gim.com/rechtliche-hinweise im Internet veröffentlicht. Die enthaltenen Informationen richten sich nur an Professionelle Kunden bzw. Geeignete Gegenparteien. Dieses Informationsdokument richtet sich weder an US-Bürger noch an Personen mit ständigem Wohnsitz in den USA, noch an juristische Personen mit Sitz in den USA, noch darf es in den USA verbreitet werden.