Steffen Ullmann
Senior Portfolio Manager – Investment Grade
Die kommende Berichtssaison ist ein wichtiger Gradmesser, um herauszufinden, ob die aktuellen Unternehmensbewertungen im Kontext einer enttäuschenden europäischen Wirtschaft weiterhin gerechtfertigt sind.
Eine enttäuschende europäische Wirtschaft, aber Silberstreifen am Horizont
Auch die zuletzt zunehmenden Gewinnwarnungen von Emittenten am europäischen Anleihemarkt bestätigen die Einschätzung der Europäischen Zentralbank (EZB), dass sich die wirtschaftliche Aktivität schwächer als erwartet entwickelt.
Insbesondere die Schwäche im verarbeitenden Gewerbe und die Verlangsamung im Dienstleistungssektor belasten die Konjunktur. Der private Konsum ist rückläufig, die gestiegene Unsicherheit führt zu aufgeschobenen Konsumentscheidungen und damit zu einer Sparquote, die mit fast 15,7% im zweiten Quartal 2024 deutlich über dem historischen Durchschnitt von 12,9% liegt.[1]
Gleichwohl sind auch positive Zeichen zu erkennen. China verfolgt einen – noch – verhaltenen expansiven fiskalpolitischen Kurs, der insbesondere die deutsche Wirtschaft stimulieren könnte. Auch der begonnene Zinssenkungszyklus in Europa und den USA sollte sich mittelfristig positiv auf die Wirtschaft auswirken.
BBB-Anleihen: Eine historische Einordnung
In diesem Umfeld ist es sinnvoll, die Attraktivität von BBB-Anleihen neu zu bewerten. Mit einem aktuellen Risikoaufschlag von 113 bp unterhalb des historischen Medians (Stand 21.10.2024) bietet das BBB-Segment ein geringeres Renditepotenzial als noch zu Anfang des Jahres. Denn seitdem hat sich der Risikoaufschlag im BBB-Segment um 26 bp verringert, somit deutlich mehr als die 11 bp für das A-Segment[2]. Dies lässt das BBB-Segment auf den ersten Blick unattraktiv erscheinen. Jedoch bietet es weiterhin eine nicht zu vernachlässigende Widerstandsfähigkeit. Ein Indikator für die Widerstandsfähigkeit ist der „Break Even Spread“. Dieser bestimmt den Spreadanstieg, bis zu dem eine Überrendite gegenüber Staatsanleihen bei einem Anlagehorizont von 12 Monaten zu erwarten ist. Aktuell liegt dieser für das BBB-Universum bei 25 bp – oberhalb des Medians von 23 bp[3].
Quelle: Bloomberg, I10362EU Index (Bloomberg Euro-Aggregate: Industrials Baa), eigene Darstellung, Stand 21.10.2024
Bilanzstärke: Das Zünglein an der Waage
Hinter diesen Bewertungen stehen für die meisten Emittenten weiterhin robuste Bilanzen. Die schwierige makroökonomische Lage in Europa hatte sich in der ersten Jahreshälfte nicht nennenswert auf die Unternehmensbilanzen ausgewirkt. Neben der geringen Verschuldung – einem Resultat der disziplinierten Bilanzsanierung nach der Corona-Krise – blieb die Profitabilität weiterhin auf hohen Niveaus (Stand 30.09.2024). Beides spiegelt sich auch in der zu beobachtenden positiven Ratingmigration aus High Yield in Investment Grade und aus BBB in A-Anleihen wider. Ob diese Robustheit erhalten bleibt, wird die kommende Berichtssaison mit den neusten Unternehmenszahlen und ersten Hinweisen auf das Jahr 2025 zeigen.
Fazit
Trotz des herausfordernden makroökonomischen Umfelds und geringerer Risikoaufschläge bieten BBB-Anleihen weiterhin attraktive Renditechancen. Jedoch erfordert es wieder einen stärkeren Fokus auf die individuellen Unternehmensentwicklungen. Die bevorstehende Berichtssaison ist daher ein wichtiger Gradmesser.
[1] Quelle: „Erklärung zur Geldpolitik – Pressekonferenz“, Europäische Zentralbank (17.10.2024)
[2] Quelle: Bloomberg, I10362EU Index (Bloomberg Euro-Aggregate: Industrials Baa) und I10359EU Index (Bloomberg Euro-Aggregate: Industrials A), Stand: 21.10.2024.
[3] Quelle: Bloomberg, eigene Berechnung für den Betrachtungszeitraum 2013 bis 2024 , Stand: 21.10.2024.
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